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Vertrauensarbeitszeit: Definition, Funktionsweise, Vor- und Nachteile

Header mit Frau am Laptop arbeitet mit askDANTE.

Vertrauensarbeitszeit war eine lange Zeit im Trend. Grund dafür war die steigende Nachfrage nach einer Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen – von Homeoffice bis Telearbeit. Das BAG-Urteil zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes hat 2022 jedoch eine Arbeitszeiterfassungs-Pflicht für Unternehmen eingeführt und KMU damit vor neue Herausforderungen gestellt.

Hier erfahren Sie, inwiefern die Vertrauensarbeitszeit mit dem Modell der verpflichtenden Erfassung von Arbeitszeiten vereinbar ist. Und warum die Zeiterfassung entgegen allgemeiner Ansichten zahlreiche positive Effekte für Teams bringt.

Vertrauensarbeitszeit: Urteil zur elektronischen Arbeitszeiterfassung

Die Reformierung des Arbeitszeitgesetzes durch die Urteile des EuGH und BAG hat das Thema Zeiterfassung in den Fokus unternehmensweiter Diskussion gelegt. Arbeitgeber sind ab sofort dazu verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten zu dokumentieren. Ein entsprechender Referentenentwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E) hat 2023 die Gesetzeslage dazu bestätigt und konkretisiert, dass Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit täglich und mithilfe einer elektronischen Arbeitszeiterfassung zu erfassen sind. Das können ein Zeiterfassungsterminal, eine mobile Zeiterfassung per App oder Excel-Vorlagen sein.

Diese Pflicht ist obligatorisch – ganz gleich, welche Arbeitszeitmodelle im Betrieb Anwendung finden. Sie hat die gegenwärtige Arbeitszeitgestaltung damit auch auf den Kopf gestellt. Denn feste Arbeitszeiten und klassische 9-to-5-Jobs sind heute kaum noch zu finden. Moderne Unternehmen setzen stattdessen auf Flexibilität und eine freie Ausgestaltung individueller Arbeitszeiten. Vertrauensarbeitszeit und Work-Life-Blending statt Routine-Jobs und Anwesenheitspflicht. Wie können Unternehmen diese neuen Herausforderungen bewältigen?

Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung im Vergleich

Unternehmen, die eine Arbeitszeiterfassung nutzen, dokumentieren die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter mit Zeiterfassungssystemen. Sie stellen Fairness und eine transparente Abrechnung geleisteter Arbeit in den Vordergrund. Vertrauensarbeitszeit dagegen verfolgt das ergebnisbasierte Arbeiten, in der Eigenverantwortung und Flexibilität richtungsweisend sind. In der Vertrauensarbeitszeit war die Aufzeichnung von Arbeitsstunden bisher obsolet. Das Gesetz zur Zeiterfassungspflicht hat dies jedoch geändert: Unternehmen können weiterhin Vertrauensarbeitszeit umsetzen, eine parallele Zeiterfassung bleibt jedoch Grundvoraussetzung.

Was ist Arbeitszeiterfassung?

Vom Papier-Stundenzettel zur digitalen Softwarelösung – unter Arbeitszeiterfassung wird die Erfassung von Arbeitszeiten von Beschäftigten in einem Unternehmen verstanden. Ziel ist es, das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) im Bezug auf Überstunden, Pausenzeiten oder die maximale Arbeitszeit pro Tag rechtskonform umzusetzen. In der Regel werden digitale Zeiterfassungsprogramme eingesetzt, die eine integrierte PEP und Schnittstellen zu Lohn- und HRM-Systemen anbieten.

Smarte Zeiterfassungstools sind nicht ortsunabhängig nutzbar – zum Beispiel für eine Zeiterfassung im Homeoffice. Ihre Kernkompetenz liegt in der Automatisierung und Digitalisierung routinierter, zeitaufwendiger HR-Prozesse, die mehr Effizienz und Produktivität bringen.

Vertrauensarbeitszeit: Definition

Vertrauensarbeitszeit bezeichnet ein flexibles Arbeitsmodell, bei dem Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten selbstverantwortlich gestalten. Eine systematische Erfassung von Arbeitsstunden durch das Personalmanagement steht dem Modell grundsätzlich entgegen. Über Arbeitsbeginn und Arbeitsende bestimmen Beschäftigte hingegen eigenverantwortlich, wie über die Organisation und Planung ihrer Aufgaben. Das Arbeitsverhältnis basiert dabei auf einer Vertrauenskultur, in der erbrachte Leistungen und Zielvereinbarungen im Fokus stehen.

Funktionsweise von Vertrauensarbeitszeit

6 bis 15 Uhr oder 8 bis 17 Uhr – gilt Vertrauensarbeitszeit, ist die Frage "Wann beginnt Arbeitszeit?" obsolet. Denn Beschäftigte können faktisch arbeiten, wann es ihnen passt. Eine zeitliche Präsenzpflicht besteht nicht. Sind im Vorwege Aufgaben und Arbeitsumfang geklärt, entscheiden Arbeitnehmer selbstständig, zu welcher Tageszeit sie ihren Aufgaben nachkommen. Manche Unternehmen koppeln die Vertrauensarbeitszeit an bestimmte Rahmenbedingungen, wie etwa eine Gleitzeit mit Kernarbeitszeit – das Arbeitszeitmanagement bleibt jedoch generell Angestellten überlassen.

Das Maximum an Flexibilität für Vollzeit und Teilzeit-Fachkräfte ist für die Mitarbeiterbindung (Retention) wie für das Recruiting attraktiv. In vielen Unternehmen gehört die Vertrauensarbeitszeit deshalb zum festen Bestandteil eines erfolgreichen Employer Brandings.

Zeiten erfassen bei Vertrauensarbeit – das gilt für HR

Die Vertrauensarbeitszeit untersteht keiner gesetzlichen Grundverordnung und wird zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter direkt vereinbart. Wichtig für Personaler bleibt jedoch die Sicherstellung der HR-Compliance. Der Arbeitsvertrag muss den arbeitszeitlichen Umfang und die gesetzlichen Regelungen für Pausenzeiten klar definieren. Auch wenn das Modell der Vertrauensarbeitszeit grundsätzlich keine Arbeitszeiterfassung vorsieht, unterliegt es den allgemeinen Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes (Stichwort: Paragraph § 3 und 5 des ArbZG).

Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt auch bei Vertrauensarbeit

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist auch im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit zu beachten. Dies betrifft im Wesentlichen folgendes Regelwerk:

  • Die werktägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern darf 8 Stunden nicht überschreiten (Verlängerungen auf 10 Std. sind erlaubt, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen durchschnittlich 8 Std. werktäglich nicht überschritten wurden)
  • Beschäftigte, die mehr als 6 Stunden arbeiten, müssen eine Ruhepause von 30 Minuten machen (ab 9 Stunden sind es 45 Minuten)
  • Arbeitnehmer müssen eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden einhalten

Vertrauensarbeitszeit und Überstunden

Arbeiten Beschäftigte über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden, stehen Unternehmen in der Verpflichtung, die hinausgehende Arbeitszeit von Arbeitnehmern aufzuzeichnen bzw. zu dokumentieren. Das regelt § 16, Absatz 2 des ArbZG:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben.

Arbeitnehmer in Deutschland machen jährlich zahlreiche Überstunden – viele davon bleiben unbemerkt und letztlich unbezahlt. Darauf machen aktuelle Studien des Statistischen Bundesamts und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aufmerksam. Für die Personalabteilung gilt daher folgende Faustregel: Mehrarbeit und Überstunden unterliegen vor allem im Kontext von Vertrauensarbeitszeit einer grundsätzlichen Aufzeichnungspflicht. Diese kann nach Bedarf an Mitarbeiter delegiert werden.

Überstunden sind erbrachte Arbeitsstunden, die über die gesetzlich vorgesehene Höchstarbeitszeit hinausgehen. Prinzipiell müssen Überstunden vom Arbeitgeber abgegolten werden, wenn sie angeordnet sind oder davon Kenntnis besteht. Überstunden sind daher gemäß § 16 ArbZG vom Arbeitgeber verpflichtend zu dokumentieren und laut gesetzlicher Aufzeichnungspflicht für zwei Jahre aufzubewahren.

Ist Vertrauensarbeitszeit abgeschafft?

Nein – Vertrauensarbeitszeit kann weiterhin umgesetzt werden, jedoch nur unter Einhaltung bestimmter Vorgaben: Der Referentenentwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E) hat herausgearbeitet, dass die Möglichkeit zur Vertrauensarbeitszeit durch die verpflichtende Arbeitszeiterfassung nicht beeinträchtigt wird. Voraussetzung dabei bleibt, dass die Regelungen des öffentlichen Arbeitsschutzes wie üblich eingehalten werden. Im Referentenentwurf heißt es dazu:

Die Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes (insbesondere zur täglichen Höchstarbeitszeit und zu Ruhezeiten) dienen dagegen der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und sind auch bei Vertrauensarbeitszeit heute schon einzuhalten. Vertrauensarbeitszeit unter Beachtung dieser Vorgaben ist daher auch weiterhin möglich.

Eine flexible Arbeitsweise ist demnach weiterhin zulässig. Arbeitszeiten sind jedoch auch im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit zu dokumentieren.

Vertrauensarbeitszeit mit Zeiterfassung umsetzen

Die Vertrauensarbeitszeit als Arbeitszeitmodell ist durch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nicht obsolet geworden. Denn grundsätzlich gilt: Vertrauen und Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung – etwa in Form von Wahlarbeitszeit oder einer 4 Tage Woche – sind weiterhin erstrebenswert. Der Arbeitnehmerschutz darf jedoch zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt werden.

Aber auch das Thema Arbeitszeitbetrug muss im Ramen einer fortfahrenden Arbeitszeitflexibilisierung Berücksichtigung finden. Unternehmen profitieren insbesondere von einer cleveren Zeiterfassung im Homeoffice, die Übersicht über geleistete Arbeitszeiten auch außerhalb der Betriebsstätte anbietet. Der Einsatz einer Projektzeiterfassung ermöglicht Vorgesetzten, den Arbeitstag von Mitarbeitern über eindeutige Tätigkeiten zu erfassen und so gezielt zu strukturieren.

Außerdem von Vorteil: Konfliktpotenzial besteht oftmals beim Thema Raucherpause. Mit Einführung einer systematischen Zeitstempelung können Kurzpausen zuzüglich gesetzlicher Pausenzeiten optimal abgebildet werden.

Vertrauensarbeitszeit: Vor- und Nachteile

Vertrauensarbeit ist in vielen Betrieben ein echter Zufriedenheitsfaktor. Freie Arbeitszeitgestaltung bedeutet oftmals Selbstverantwortung statt Kontrolle. Viele Mitarbeiter erfahren dies als offen gelebte Wertschätzung und ein Arbeiten auf Augenhöhe. Die positiven Effekte sind zahlreich: Die Zufriedenheit und Motivation auf der Mitarbeiterseite wachsen hierdurch, und eine Steigerung von Produktivität und Leistung im Team entsteht.

Infografik zum Thema Vertrauensarbeitszeit zeigt vier Haupt-Vorteile.

Zu den wesentlichen Nachteilen von Vertrauensarbeitszeit gehören: Das Risiko der Überlastung von Beschäftigten durch ein oftmals fehlendes bzw. dysfunktionales Arbeitszeitmanagement. Aber auch die intransparente Anhäufung von Überstunden, die nicht dokumentiert und abgegolten sind, kann die Krankenquote im Unternehmen erhöhen. Mitarbeiter haben in der Vertrauensarbeitszeit zudem oftmals das Gefühl, permanent erreichbar sein zu müssen, weil die Grenze zwischen Arbeits- und Freizeit verschwimmt. Für Vorgesetzte dagegen besteht oftmals ein hoher Kommunikationsaufwand, was die Aufgabenkoordination betrifft. Und das grundsätzliche Sorge vor Arbeitszeitbetrug durch Angestellte.

Infografik zum Thema Vertrauensarbeitszeit mit den vier Top-Nachteilen.

Elektronische Zeiterfassung: Vor- und Nachteile

Digitale Arbeitszeiterfassung überzeugt KMU vor allem durch drei Hauptfaktoren: Transparenz bezüglich erbrachter Leistungen, Fairness bei Überstunden und eine grundsätzliche Planungssicherheit für HR. Für viele Teams stellt dies die eigentliche Voraussetzung für ein produktives und vertrauensförderndes Arbeiten dar. Denn stehen Arbeitszeitkonten bereit, gibt es maximale Übersicht über geleistete Stunden. Überstunden können problemlos beglichen, Arbeitsaufwände früh analysiert und die Personaleinsatzplanung clever verwaltet werden. Ebenfalls wichtig: Die Sicherstellung gesetzlicher Arbeitspausen sorgt für eine verbesserte Compliance. Minutengenaue Zeitdaten liefern eine saubere Basis für die Entgeltabrechnung und beschleunigen Abrechnungsprozesse. Und die allgemeine Automatisierung routinierter Verwaltungsaufgaben hebt HR-Prozesse auf das nächste Level.

Der größte Nachteil entsteht, wenn das Arbeitszeiterfassen als ein Werkzeug der Kontrolle eingesetzt wird. Dies führt meistens zu einem enormen Vertrauensverlust und kann das Beschäftigungsverhältnis auf Dauer schädigen.

Fazit

Vertrauensarbeitszeit ist ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem Beschäftigte keine Arbeitszeiten dokumentieren müssen. Im Vordergrund steht ein eigenverantwortliches Arbeiten, das Ergebnisse und die Erreichung von Zielen fokussiert. Unternehmen können Vertrauensarbeitszeit im Rahmen der BAG-Pflicht zur Zeiterfassung weiterführen. Arbeitgeber müssen jedoch dafür sorgen, dass sie erbrachte Stunden konform erfassen. Die Wahrung einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung ist dabei weiterhin wünschenswert.

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